Darum habe ich ein gut laufendes Business ausgeschlagen
Ich habe ein wirklich gutes Business ausgeschlagen. Ein gut laufendes, profitables und jahrelang etabliertes Business. Ein Unternehmen mit Zukunftschancen.
Ich hatte die Möglichkeit, mich ins gemachte Nest zu setzen. Es war alles dran, inklusive einem gut ausgebauten Netzwerk, etabliertem Marketing und Personal, das wirklich motiviert ist.
Und trotzdem habe ich NEIN gesagt. Und das sogar schon zweimal.
Was hättest du getan?
Ich zeige dir jetzt, was ich ausgeschlagen habe und warum ich das getan habe. Denn man schlägt nicht alle Tage ein gutes Business in den Wind.
Ich habe irgendwann in grauer Vorzeit Tourismus studiert. Das war, nachdem ich fast 2 Jahre als Globetrotter unterwegs war (Ich war Au-Pair in Frankreich und Reiseleiter in Ungarn, Schweden und Spanien).
Während meines Studiums in den Niederlanden, meines Auslandssemesters in Norwegen und meines Auslandsjahres in Neuseeland fand ich eines immer wieder mega spannend: Kletterwälder. Ich habe es geliebt, da oben im Baum zu chillen und fand das überhaupt nicht beängstigend.
Nachdem ich fertig war mit Studium (einen Vertrag bei Thomas Cook lehnte ich ab) war ich ready für den Arbeitsmarkt.
Tourismus ist halt aber kein normaler Arbeitsmarkt. Und irgendwie bin ich dann im Kletterwald gelandet. Ein klassischer Saisonjob. Die liebte ich ja ohnehin, da das heißt, dass ich alle halbe Jahr woanders verbringen kann und mich nicht zu lange an einen Arbeitgeber binden muss.
Hallo Freiheit!
Irgendwann, nach circa zwei Jahren, wusste ich dann, was ich weitermachen wollte: Ich wollte ohnehin die ganze Zeit noch mein Masterstudium anschließen, war aber unsicher, welchen genau.
So kombinierte ich Sport und Tourismus und landete bei Sporttourismus. Damals gab es diesen Studiengang nur dreimal in Europa. Die deutsche Uni lehnte mich ab, und so bewarb ich mich in Luton an der University of Bedfordshire und wurde genommen. Es hieß ein Jahr UK!
Beachte: Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon zwei Saisons Kletterwald hinter mir, inklusive einer knackigen IAPA-Trainer-Ausbildung und viel Drive im Geschäft.
Gerade am letzten Tag meines Aufenthaltes in Großbritannien, meine Koffer waren bereits gepackt, meine Robe und den Hut des Abschlussfotos hatte ich bereits wieder abgegeben, erhielt ich einen Anruf:
Mein damaliger Chef aus dem Kletterwald fragte mich, ob ich nicht die Leitung des Kletterwaldes in Ueckermünde übernehmen wolle, dort gäbe es ein paar Kleinigkeiten zu regeln.
Gefragt und schon war ich auf dem Weg nach Uede.
Für mich war allerdings von Anfang an klar: Hier werde ich nicht alt.
Wenn du schon mal in der Uckermark oder in Ueckermünde oder am Stettiner Haff warst, dann weißt du, dass dort wirklich der Hund begraben liegt.
Dort ist nichts los.
Ich wollte dort auch keine Wohnung haben und hatte mir zu Anfang der Saison einen umgebauten T4 gekauft, in dem ich die komplette Kletterwaldsaison gewohnt habe.
Hobbytechnisch hatte ich dort oben den besten Trainer: Mit dem Team von Mirko Kopman konnte ich eine Silbermedaille auf der K1-WM in London feiern und die Goldmedaille bei der Muay-Thai-WM der WKU in China.
Trotzdem: Dort bleiben wollte ich nicht.
Ich kehrte in die Heimat zurück und arbeitete weiter im heimischen Kletterwald.
Irgendwann lernte ich meinen Mann kennen, ich wurde schwanger und unser erstes Kind kam zur Welt.
Allerdings ist ein Saisonjob alles andere als kompatibel mit Familie. Und so sehr ich meine Freiheit und meinen Saisonjob liebte, so sehr wollte ich an den Wochenenden für meine Tochter da sein. Umso mehr wollte ich meine Kleine abends ins Bett begleiten und geregelte Arbeitszeiten haben.
So kehrte ich dem Wald den Rücken. Ein schwerer Schlag für meinen damaligen Chef, wir verstehen uns wirklich gut und ich schätze ihn sehr.
Er hatte gehofft, ich würde den Wald übernehmen, ihm diesen abkaufen. Zu dem damaligen Zeitpunkt aber undenkbar für mich. Nicht mit einem kleinen Kind.
Remember what I said? Freiheit ist mir wirklich wichtig.
Und für mein Kind da sein. Auch an den Wochenenden.
Deshalb schlug ich aus.
Nach meiner zweiten Elternzeit begann ich, dieses Business hier aufzubauen.
Meine Vision ist stark
Ich möchte frei und unabhängig sein. Ich möchte nicht weisungsgebunden sein.
Meine Freiheit ist mein höchstes Gut. Eingesperrtsein bei einem Arbeitgeber kommt für mich nicht (mehr) in Frage.
Gleichzeitig sind mir meine Kinder, meine Familie so unfassbar wichtig. Ich möchte die Nachmittage und die Wochenenden mit ihnen verbringen, ich möchte meinen Kindern ein Leben in der Natur zugänglich machen und ich möchte meinem Selbstversorgerdasein Schritt für Schritt näherkommen. Viele dieser Dinge sind in einem 40-Stunden-Job nicht oder nur schwer umsetzbar.
Kürzlich war es wieder so weit: Mein ehemaliger Chef rief wieder an, er wolle den Kletterwald jetzt wirklich verkaufen, er würde sich freuen, wenn ich den Kletterwald übernehmen würde.
Liebe ich die Arbeit in der Natur?
Ja, ja, ja!
Liebe ich es zu klettern?
Ja, ja, ja!
Liebe ich es, ein Business, mein Business voranzubringen, neue Wege zu beschreiten?
Ja, ja, ja!
Ich war geschmeichelt. Nach so langer Zeit dachte er noch an mich.
Der Wald steht besser da als noch vor ein paar Jahren, die Einnahmen laufen nach Corona wieder.
Meine Kinder sind größer. Ich könnte es durchaus wieder aufbieten, an den Wochenenden zu arbeiten.
Vieles würde dafür sprechen.
Aber weißt du was? Trotzdem habe ich Nein gesagt.
Nein zur Natur. Nein zum Kletterwald. Nein zum Personal. Nein zu dieser Herausforderung.
Und weißt du, warum?
Weil meine Freiheit mein höchstes Gut ist.
Übernehme ich dieses Business, bin ich gebunden an Öffnungszeiten, ich bin gebunden an die Saison. Ich bin gebunden an die Wochenenden.
Und das widerspricht meinem höchsten Gut: meiner persönlichen Freiheit.
Mit meinem Business habe ich etwas geschaffen, das mich flexibel arbeiten lässt. Meine Kinder sind krank? Wichtige Sachen kann ich regeln, solange sie auf der Couch liegen. In den Wald kann ich sie schlecht (bei Krankheit) mitnehmen. Ich kann mich immer wieder neu erfinden. Der Kletterwald ist bereits bestehend, eine Dienstleistung, die fest ist, die kann ich nicht mal eben so ändern. Ich bin nicht gebunden an Öffnungszeiten, ich kann arbeiten, wann und wo ich möchte. Versuch mal, den Kletterwald mitzunehmen.
Was denkst du, wie hättest du an meiner Stelle entschieden? Hättest du das etablierte Business übernommen?
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